Tätigkeitsbericht 2022

Eine Gedenkvitrine im Hauptsaal der Stiftsbibliothek erinnerte an den 150. Todestag des Chorherrn und Historikers Jodok Stülz. Ausgestellt waren u.a. die ersten fünf Bände des „Urkundenbuchs des Landes ob der Enns“. Mit diesem Werk hat Stülz eine nach wie vor unentbehrliche Quelle für die Erforschung der Landesgeschichte geschaffen. Friedrich Buchmayr schrieb einen biografischen Essay über Stülz, der als „Biografie des Monats Juli“ auf der Homepage der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und im Biografie-Blog der Tageszeitung „Der Standard“ veröffentlicht wurde.

Der Astrophysiker Gernot Grömer moderierte am 10. März aus dem Hauptsaal der Stiftsbibliothek eine Sendung zum Thema „Können wir irgendwann schneller reisen als das Licht?“, die auf SERVUS TV zu sehen war. Im Laufe des Jahres gab es wiederholt Sonderführungen zu halten, u.a. am 12. März für den britischen Diplomaten Sir John Jenkins. Im Rahmen der „Langen Nacht der Museen“ (ORF) zeigte Friedrich Buchmayr am 1. Oktober einige Kostbarkeiten aus den Bibliotheksbeständen. Die Gesellschaft für Landeskunde und Denkmalpflege in Oberösterreich hielt am 17. November ihre festliche Jahreshauptversammlung in der Sala terrena des Stiftes ab. Den Auftakt dazu bildete eine Sonderführung in die Stiftsbibliothek. Einen emotionalen Höhepunkt erlebte der Bibliothekssaal am 11. März, als ein Wiener Hotelmanager eine Universitätsprofessorin aus Oxford mit einem feierlichen Heiratsantrag überraschte.

Für den Ausbildungslehrgang Museumskustode/in der Akademie der Volkskultur hielt Friedrich Buchmayr am 25. März wieder das Modul „Zeitreise durch ein Jahrtausend: Stiftsbibliothek und Stiftsarchiv St. Florian“. Am 14. Juni wurde bei einem Treffen in Wien mit Christine Glaßner, der Leiterin der Abteilung Schrift- und Buchwesen an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, ein gemeinsames Handschriftenprojekt entwickelt. Ziel ist es, 80 bis 90 Handschriften des 12. und 13. Jahrhunderts zu digitalisieren und wissenschaftlich zu beschreiben und daraus neue Erkenntnisse zur Stiftsgeschichte dieses Zeitraums zu gewinnen. Am 30. November endete das Projekt zur Aussonderung von Dubletten, das in Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt und in Kooperation mit der Leipziger Firma Bookfarm erfolgte.

Friedrich Buchmayr veröffentlichte den Aufsatz „Die Verkäufe von Inkunabeln aus der Stiftsbibliothek St. Florian“, in: Katharina Kaska und Christoph Egger (Hg.), „dass die Codices finanziell unproduktiv im Archiv des Stiftes liegen“. Bücherverkäufe österreichischer Klöster in der Zwischenkriegszeit, Wien 2022 (Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 77), S. 143–160.

Im Stiftsarchiv wurde die Katalogisierung des umfangreichen Nachlasses von Propst Wilhelm Neuwirth fortgesetzt. Der Chorherr Anton Exl unterstützte die Arbeit und digitalisierte Neuwirths Diasammlung, die rund 1.700 Dias umfasst. Vom 18. bis 20. September konnte im Stift St. Florian die fünfte „Hermann Stieglecker-Gedächtnistagung“ stattfinden, die vom Forum für Weltreligionen in Zusammenarbeit mit dem Institut für Orientalistik der Universität Wien organisiert wurde und internationale Experten unterschiedlicher Fachrichtungen zusammenführte. Die Teilnehmer erhielten eine Sonderführung in die Stiftsbibliothek.

Am ersten Findbuch zu den signierten Handschriften des Stiftsarchivs wurde nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Zeit weitergearbeitet. Bei der diesjährigen „communale“-Ausstellung der OÖ. Landes-Kultur GmbH in Eferding war ein Originalbrief mit dem Siegel von Stefan Fadinger vom 12. Juni 1626 aus dem Stiftsarchiv zu sehen. Das Kopialbuch (Hs. 101b) ging zur Landesausstellung Rheinland-Pfalz in Speyer, die dem Thema „Die Habsburger im Mittelalter“ gewidmet war. Die Gemeinde Kefermarkt gedachte mit einer Sonderausstellung des dort geborenen Historikers und Chorherrn Franz Kurz. Friedrich Buchmayr hielt zur Finissage am 25. September eine Sonderführung und einen Vortrag. Bernhard Prokisch schloss am 25. Mai die Bearbeitung und Fotodokumentation der religiösen Medaillen aus der Münzsammlung des Stiftes ab. Die Skelettreste und Grabbeigaben, die bei den Grabungstätigkeiten in den Jahren 2000 und 2001 im Bereich Gästehaus/Neustöckl und im Garten des Stiftskellers entdeckt worden waren, wurden am 15. Dezember nach einer umfangreichen Restaurierung und wissenschaftlichen Auswertung vom Schlossmuseum Linz an das Stift zurückgegeben. Die für die Baugeschichte interessanten Ergebnisse sind im Aufsatz von Maria Marschler / Christina Schmid / Bernhard Prokisch, Bestattet im Kreuzgang von Stift St. Florian? Grabbefunde aus den archäologischen Untersuchungen der Jahre 2000 und 2001, in: Jahrbuch der Gesellschaft für Landeskunde und Denkmalpflege Oberösterreich 176 (2022), S. 87–136 nachzulesen.

Am 24. Mai kam im Schlossmuseum Linz ein Werk aus dem Musikarchiv zur Aufführung. Mario Aschauer spielte mit dem Calamus Consort die Serenade op. 19 von Otto Carl Erdmann von Kospoth. Gunar Letzbor stieß im Musikarchiv auf das handschriftliche Notenmaterial zu einer deutschsprachigen Passionsmusik des Hauskomponisten Franz Joseph Aumann, das den irreführenden lateinischen Titel „Oratorium de Passione Domini nostri Jesu Christi“ trägt. Die Aufführung soll 2023 im Brucknerhaus Linz erfolgen.

Vom 27. bis 28. Mai hielt Elisabeth Hilscher vom Institut für Musikwissenschaft der Univ. Wien ein Blockseminar in St. Florian ab, das dem Thema „Kirchenmusik in Österreich nach dem II. Vatikanum“ gewidmet war. Am 10. Juni wurden die 20 Originalbriefe Anton Bruckners im Bruckner-Archiv durch die Österreichische Akademie der Wissenschaften für das Internetportal bruckner-online digitalisiert. Am 17. Oktober konnte Friedrich Buchmayr von der Direktorin der Volksschule St. Florian, Gabriele Stadler, handschriftliche Quellen in das Bruckner-Archiv übernehmen, die Anton Bruckners Schüler- und Lehrerzeit betreffen: 3 Bände Schul-Protokolle von 1826 bis 1870 und den lange verschollenen Katalog der Sonntagsschule von 1855/1856.

Im Laufe des Jahres fanden drei weitere Sitzungen der Arbeitsgruppe „Bruckner 2024“ mit Hans-Joachim Hinrichsen, Elisabeth Maier, Felix Diergarten, Klaus Petermayr, Klaus-Felix Kohrs, Christine Tauber und Friedrich Buchmayr statt. Die Gruppe wird das wissenschaftliche Konzept für die EXPO 2024 im Landeshauptmannzimmer sowie für die Neugestaltung der Bruckner-Gedenkzimmer und des Gruft-Vorraums erstellen. Friedrich Buchmayr wurde mit der Bearbeitung von zwei Themengebieten der EXPO und zusätzlich mit der Abwicklung aller externen Fotobestellungen sowie aller notwendigen restauratorischen Maßnahmen an den Ausstellungsobjekten betraut. Klaus Sonnleitner hat seine Dissertation „‘Soli Deo Gloria‘: Zum Schaffen Augustinus Franz Kropfreiters“ in Buchform im Wiener Hollitzer-Verlag veröffentlicht. Friedrich Buchmayr publizierte den Aufsatz „Anton Bruckners St. Florianer Mäzen Franz Sailer“, in: Bruckner Symposion Bericht 2021: Die Schüler Anton Bruckners, Linz 2022, S. 341–361.