Leidensgeschichte des Hl. Florian

Während der Regierungszeit der Kaiser Diokletian und Maximian wurde wieder eine Christenverfolgung angeordnet.

Die Christen bewährten sich in den verschiedenen Bedrängnissen und nahmen die von den Tyrannen verhängten Martern in Gott ergebener Gesinnung auf sich. So erhielten sie Anteil an den Verheißungen Christi.

Manche Christen aber flohen in die Berge oder versteckten sich in Felsenhöhlen und entgingen so in ihrem irdischen Leben den bösen Strafen. Die Christen in den Städten aber wurden von diesen durch und durch schlechten Herrschern bis aufs Blut gequält und so erlangten sie ihre Vollendung im Herrn Jesus Christus. Heiliges Leben und Glaube wetteiferten miteinander und durch Ausdauer erlangten die Kämpfer die Krone. Dieser Sieg aber führt zum ewigen Leben. Damals fochten die gottlosen Richter auf Befehl der Kaiser einen sinnlosen Kampf. Die Kämpfer Christi jedoch setzten ihre ganze Kraft ein und besiegten so den unsinnigen Aufwand ihrer Verfolger. Es siegte der verehrte Glaube.

In jenen Tagen kam der Befehl der gotteslästerlichen Fürsten nun auch in die Provinz Ufernorikum. Statthalter war Aquilinus. Er begab sich in das Lager Lauriacum und begann sogleich energisch die Christen aufzuspüren. Vierzig dieser Heiligen wurden aufgegriffen, langdauernden Folterqualen ausgesetzt und in den Kerker geworfen.

Der ehemalige Kanzleivorstand des Statthalters, der hl. Florian, kam freudig den Gläubigen zu Hilfe. Als er nämlich in seinem Wohnort bei der Stadt Cetium (St.Pölten) von den Ereignissen in Lorch gehört hatte, sagte er zu den Seinen: "Ich muss zum Statthalter nach Lauriacum gehen und dort viele Martern für den Namen Christi auf mich nehmen". Dann verabschiedete er sich von den Seinen und machte sich auf den Weg.

Als Florian in die Nähe von Lauriacum gekommen war, betrat er die Brücke, die dort über den Fluss führt. Da begegnete er ehemaligen Militärkameraden, die auf Befehl des Statthalters unterwegs waren. Als er sie fragte, was sie vorhätten, antworteten sie ihm: "Hast du nicht von den Erlässen der Kaiser gehört, die an den Statthalter gelangt sind und die befehlen, dass alle Leute den Göttern Opfer darbringen müssen. Wer das nicht tun will, soll durch verschiedene Quälereien umkommen". Als der heilige Florian dies hörte, sagte er: "Brüder und Kameraden, was sucht ihr noch nach anderen? Auch ich bin ein Christ. Geht zum Statthalter und meldet ihm, dass ich Christ bin und dass ich hier bin".

Die Soldaten nahmen ihn fest und führten ihn zum Statthalter. Dabei sagten sie: "Warum sollen wir nach anderen Christen suchen, wenn sich unser Kanzleivorstand Florian als Christ bekennt"?

Der Stadthalter sagte: "Florian, was erzählt man da von dir? Komm, opfere den Göttern, wie dies ich und deine Kameraden tun und du wirst mit uns am Leben bleiben und nicht wie die Verächter der Götter nach den Befehlen der Kaiser bestraft". Der heilige Florian gab zur Antwort: "Das werde ich nicht tun. Du aber handle nach deiner Vorschrift".

Da wurde der Statthalter zornig und befahl, Gewalt gegen Florian anzuwenden, damit er, wenn auch widerwillig, den Göttern opfere. Der heilige Florian aber erhob seine Stimme zum Herrn und sprach: "Herr, mein Gott, auf dich habe ich gehofft und dich kann ich nicht verleugnen, sondern dir diene ich und dir bringe ich das Lobopfer dar. Deine Rechte beschütze mich, denn dein Name wird gepriesen im Himmel und auf der Erde. Herr, gib mir Kraft durchzuhalten und nimm mich unter deine heiligen Streiter auf, die schon vor mir deinen heiligen Namen bekannt haben. Bekleide mich, Herr, mit dem glänzenden Gewand deiner Macht und stärke mich in deinem heiligen Geist. Lass nicht zu, dass ich vom Teufel überwältigt werde, sondern sei mir Führer auf dem Weg deiner machtvollen Gerechtigkeit, dass ich dich preisen und dir ein Loblied singen kann. Du bist gepriesen in Ewigkeit. Amen."

Als aber der Statthalter Aquilinus dies hörte, verhöhnte er ihn und sprach: "Was redest du da für törichtes Zeug und vespottest die Befehle der Herrscher? Opfere den Göttern"!

Der heilige Florian erwiderte: "Als ich noch irdischen Kriegsdienst versah, habe ich schon im geheimen meinen Gott verehrt. Schon dort konnte der Teufel von mir nicht Besitz ergreifen. Du hast zwar Gewalt über meinen Körper, aber meine Seele kannst du nicht anrühren. Herr über sie ist nur Gott. Bis heute habe ich den Befehlen der Richter Folge geleistet. Ich habe gehorcht, wie es sich für einen Soldaten gehört. Zu einem Opfer an die Dämonen aber kann mich niemand überreden. Das hilft ihnen ohnedies nichts. Wahngebilde bete ich nicht an".

Da geriet der Statthalter in Wut und befahl, ihn mit Prügeln zu schlagen. Der heilige Florian aber sagte: "Tobe nur, soweit du Macht über meinen Körper hast. Das habe ich dir schon zugestanden. Wenn du aber wissen willst, dass ich deine Folter nicht fürchte, so zünde einen Scheiterhaufen an und im Namen meines Gottes steige ich hinauf". Die Soldaten aber begannen, ihn wieder zu schlagen. Der Statthalter aber redete weiterhin auf ihn ein: "Opfere, Florian, und kaufe dich los von der Folter". Der heilige Florian erwiderte: "Ich bringe bald meinem Herrn Jesus Christus ein wahres Opfer dar. Er hat mich gewürdigt, dass ich diese Stunde erleben darf und er hat mich in jene Hochstimmung versetzt, in der ich mich nun befinde". Während dieser Worte ließ der Stadthalter den heiligen Mann nochmals schlagen. Der Florian aber sang mit froher Miene Loblieder so, als ob er sich in einem Zustand von Freude und großer Fröhlichkeit befände. Da befahl der Statthalter, mit spitzen Eisen seine Schulterblätter zu brechen. Daraufhin lobte der heilige Florian Gott noch mehr und bekannte, dass er immer Christ sein werde.

Der Statthalter geriet völlig außer Fassung, fühlte sich in allen Punkten besiegt und sprach über Florian das Todesurteil. Er befahl, ihn zum Ennsfluss zu führen und dort von der Brücke hinabzustürzen. Es war der 4. Mai. Nachdem der heilige Florian den Urteilsspruch vernommen hatte, ging er voll Freude zum ewigen Leben, das der Herr denen verheißen hat, die ihn lieben. Mit heiterer Miene schritt er dahin, als ob er zum Bad geführt würde. Sie kamen zu der Stelle, wo sie ihn hinunterstürzen sollten. Dort banden sie einen großen Stein an seinen Hals. Florian aber bat die Soldaten der Eskorte, sie möchten ihm ein Gebet zu Gott erlauben. Aufrecht stehend wandte sich der heilige Florian nach Osten, streckte seine Hände zum Himmel aus und begann zu sprechen: "Herr Jesus Christus, nimm meine Seele entgegen ....". Er betete ungefähr eine Stunde lang. Die Soldaten erfasste Ehrfurcht und sie scheuten sich, ihn anzurühren. Da kam ein wütender junger Mann herbei und schrie sie an: "Was steht ihr da und führt den Befehl des Statthalters nicht aus"? Während er dies sagte, stieß er Florian von der Brücke in den Fluss. Florians Augen brachen. Alle Umstehenden konnten es sehen.

Der Fluss nahm den Märtyrer Christi auf, erschrak aber und die hochgehenden Wellen legten seinen Leichnam an einem herausragenden Uferfelsen ab. Da kam auf Gottes Geheiß ein Adler und beschützte den Leichnam mit seinen kreuzförmig ausgespannten Schwingen.

Dann offenbarte sich der heilige Florian einer tiefgläubigen Frau, damit sie ihn an einem geheimen Ort in der Erde bestatte. Mit genauen Angaben bezeichnete er ihr die Stelle, wo sie ihn auffinden könnte und auch, wo sie ihn begraben sollte. Nachdem die Frau diese Vision erhalten hatte, spannte sie Zugtiere ein und fuhr rasch zum Fluß.

Aus Furcht vor den Heiden deckte sie den Leichnam mit Sträuchern und Laubwerk zu. Dadurch erweckte sie den Anschein, sie wolle den Zaun ihres kleinen Gartens ausbessern. Auf dem Weg zur bezeichneten Grabstelle ermatteten die Tiere unter den starken Sonnenstrahlen. Sie blieben stehen und konnten einfach nicht mehr weiter. In ihrer Not betete die Frau zum Herrn, er möge ihr in seiner göttlichen Barmherzigkeit zu Hilfe kommen. Sogleich entsprang an dieser Stelle eine ergiebige Quelle. Als Beweis dafür fließt sie bis zum heutigen Tag. Die Zugtiere tranken aus der Quelle und gestärkt zogen sie weiter bis zu dem Punkt, den der heilige Florian der Frau angezeigt hatte. Dort machten sie halt. Wegen der immer noch drohenden großen Gefahr legte sie den Leichnam in aller Eile in ein Erdgrab.

An dieser Stelle geschehen viele Heilungen durch die Gnade, die Gott dem heiligen Florian verliehen hat. Dämonen werden ausgetrieben, Fieberkranke werden gesund und alle Schwachen, die mit festem Glauben gehofft haben, erlangen die Barmherzigkeit Gottes.

Die eingangs erwähnten 40 Bekenner sind während der geschilderten Ereignisse im Kerker umgekommen.

Dias ist geschehen in Lorch in Ufernorikum in den Tagen der Christenfeinde Diokletian und Maximian. Statthalter war Aquilinus gewesen. Regiert aber hat unser Herr Jesus Christus. Ihm gebührt Ehre und Ruhm in Ewigkeit. Amen.

Dieser Text aus dem 9. Jahrhundert wurde von DDr. Karl Rehberger,
Bibliothekar, Archivar und Kustos der Sammlungen des Stiftes St. Florian, übersetzt und redigiert.